On Learning to Fly

Ich war vierzehn, schüchtern und unsicher. Vor mir auf dem Tisch lag ein Anmeldeformular für einen Schüleraustausch in Deutschland mit dem Hinweis, dass Teilnehmer:innen extrovertiert und selbstbewusst sein sollten. Tja, ich fühlte mich nicht ganz angesprochen.

Mama schaute mich besorgt an. ‘Willst du wirklich hinfahren? Vielleicht ist es doch nicht für dich…’

Ich meldete mich an. Nicht weil ich selbstsicher war, sondern weil ich mein Selbstvertrauen unbedingt entwickeln wollte.

Einen ganzen Tag dauerte die Fahrt im Reisebus. Es war schon Abend als wir müde und nervös in die kleine, unterfränkische Stadt im bewaldeten Maintal ankamen. Aufgeregt schauten wir aus dem Busfenster in die Finsternis raus: Bei wem würden wir wohnen? Würden sie freundlich sein? Würden wir uns verständigen können?

Wir stiegen aus dem Bus auf den dunklen Parkplatz aus und wurden unseren Gastfamilien zugeteilt.

Es war nicht ohne Herausforderung. Natürlich habe ich nicht alles verstanden und bin mal ahnungslos mitgegangen. Die fehlenden Worte habe ich mit einem Lächeln ersetzt.

Nach dieser Woche in Deutschland nahm ich an drei weiteren Schulaustauschen teil. Später studierte ich Deutsch und Russisch mit Auslandssemestern in Sibirien und Österreich, wo ich meine geographischen Grenzen ausweitete. Nach dem Studienabschluss zog ich für ein Jahr nach Tschechien, um Kindern und Erwachsenen Englisch zu unterrichten. Anschließend absolvierte ich den Masterstudiengang Osteuropastudien in München. Kontaktfreudig und selbstbewusst. Ja, Mama. Da will ich wirklich hinfahren…

Ziel erreicht.

Den endgültigen Beweis fand ich in einem kalten, schneebedeckten Wald in Mitteleuropa. Ohne ein einziges Wort der Sprache zu können, ohne überhaupt jemanden zu kennen, zog ich nach Liberec und stürzte mit Begeisterung ins örtliche Leben. Während meines Aufenthaltes baute ich ein solides Netzwerk auf und brachte mir die tschechische Sprache sowie das Skilanglaufen bei. Oft bin ich hingefallen. Mit viel Geduld, Durchhaltevermögen und Entschlossenheit bin ich aber immer wieder aufgestanden, bis ich eines Tages den Marathon durchzog – diesmal ohne ein einziges Mal hinzufallen.